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HALLE

FÜR

KUNST

Lüneburg

Edgar Arceneaux, Mark Ther, Ella Ziegler, Zwei Klub, Jiri Skala, Laura Horelli, Kaucyila Brooke, Duncan Campbell

The Need to Document

Exhibition   03. April 2005 – 29. May 2005

Eröffnung:
02. April 2005, 19:00 h mit einer Performance von Jiri Skala/Mark Ther um 20:30 h

Ein Projekt von Vit Havránek, tranzit, Prag (CZ), Sabine Schaschl-Cooper, Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel (A/CH) und Bettina Steinbrügge, Halle für Kunst eV, Lüneburg (D)

Edgar Arceneaux (USA), Kaucyila Brooke (USA), Duncan Campbell (IRL), Laura Horelli (FIN/D), Klub Zwei (A), Jiri Skala / Mark Ther (CZ), Ella Ziegler (D)

In den letzten Jahren hat in der zeitgenössischen Kunst eine verstärkte Hinwendung zum Dokumentarischen stattgefunden. Ausstellungen, wie die Documenta11 oder True Stories am Witte de With in Rotterdam, Vortragsreihen, wie Dokumentarische Strategien in der Kunst am MUMOK in Wien und zahlreiche Biennalen, wie die Manifesta 5 präsentierten eine steigende Anzahl dokumentarischer Werke, über deren spezifischen Charakter nur selten reflektiert wurde. Zahlreiche Filme und Videoinstallation, ebenso wie Fotografien und Werke der Konzeptkunst orientieren sich einerseits am Lebensalltag, versuchen sowohl sozial- und kulturpolitische Ereignisse, historische Rückblicke, wie auch private Momente dauerhaft und mit einem Aufklärungsanspruch festzuhalten. Andererseits untersucht eine zweite Strömung des Dokumentarischen in selbstreflexiver Weise ihre eigenen Mittel als sozial konstruiert.

Der begrifflichen Bestimmung des Dokumentarischen entspricht der juristische Diskurs, welcher im Dokument eine Beglaubigung bzw. ein Beweismittel für Wahrheit erkennt. In vergleichbarer Weise steht hinter der zeitgenössischen dokumentarischen Kunstproduktion der Anspruch nach Objektivität und Wahrheitstreue; der Versuch, so nahe wie möglich an die Realität heranzukommen und die Absicht, die Art und Weise der Entstehung eines Werkes offen zulegen. Die Bezeichnung dokumentarisch kann für ein visuelles, textuelles oder akustisches Erzeugnis angewendet werden. Das Dokumentarische vereint Gegensätzliches: Politisch/Öffentliches sucht ebenso nach dokumentarischen Mitteln wie Privat/Intimes.

Die Selektion der in der Ausstellung gezeigten Beiträge fokussiert auf Werke, die nach einem dokumentarischen Zugang zur Formulierung ihrer Inhalte verlangen. Nicht berücksichtigt sind Arbeiten, in denen das Dokumentarische lediglich Abbildung einer Aktion oder einer Performance ist. The Need to Document versucht sowohl die Hintergründe, die das Dokumentieren bestimmen, als auch die Themenschwerpunkte und das Anliegen, welches eine dokumentarische Haltung auszeichnet, aufzuzeigen; die Ausstellung sucht und untersucht das genuin Dokumentarische, also jenes Charakteristikum, welches sich in seiner Form als ontologisch unveränderbar formuliert.

Zu den Künstler:Innen:

Das Tryptichon “Timetable of history“ von Edgar Arceneaux nimmt dokumentarisches Material zum Ausgangspunkt. Die Zeichnungen vermitteln seine Sichtweisen auf historische und aktuelle Ereignisse, philosophische Erkenntnisse und physische Prozesse. Arceneaux untersucht sowohl das individuelle als auch das kollektive Gedächtnis, indem er Elemente aus seiner alltäglichen Umgebung und seinem persönlichen Hintergrund mit Auszügen aus Literatur, Geschichte, Film und Musik verbindet.

In der fotografischen Serie “Vitrinen in Arbeit“ führt Kaucyila Brooke ihre Untersuchung über Landschaft und Architektur als kulturell determinierten sozialen Raum fort. Das Naturhistorische Museum in Wien wurde kürzlich, und das erste Mal seit 1889, unter dem Gesichtspunkt der Besucherfreundlichkeit und der Museumspädagogik weiträumig umgestaltet. In der Phase der Restrukturierung sind die hier gezeigten Fotos entstanden, die über das entleerte Museum einen Einblick in die Fülle der Sammlung und der dahinter stehenden konzeptionellen Ausstellungsmöglichkeiten bieten.

Duncan Campbell griff für die Dokumentation “Falls Burns Malone Fiddles“ über Jugendliche in West-Belfast auf Material aus zwei Fotoarchiven in Belfast zurück. Vor dem Hintergrund des lose aneinander gefügten Ausgangsmaterials verstrickt sich der Erzähler in die divergierenden Rhetoriken der Jugend- und Unabhängigkeitspolitik sowie in formale Fragestellungen über die Möglichkeiten und Einschränkungen des Dokumentarfilm als Genre, das immer auch als fiktional angesehen werden kann.

Im Mittelpunkt der Videoinstallation “712 Interviews?“ von Laura Horelli stehen kommunikative Beziehungsformen in öffentlichen, medialen und psychischen Räumen. Die Künstlerin verknüpft dokumentarisches Material mit eigenen Bildern und Informationen. Horelli arbeitet mit dem Prinzip der Montage, um die Realität der “offiziellen“ Bilder und Botschaften aus der Politik, den Medien und der Wirtschaft mit Wahrnehmungen aus persönlicher Perspektive zu konfrontieren.

KLUB ZWEI stellt aktuelle gesellschaftspolitische Themen bzw. die Mittel, mit denen diese in Film und Fernsehen repräsentiert werden, in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Es geht ihnen in “Schwarz auf Weiss – Die Rückseite der Bilder“ um eine kritische Reflexion medialer Darstellungsweisen und um eine Intervention in diese. Denn die Möglichkeit zu gesellschaftlicher Veränderung hängt u. a. von den Repräsentationspolitiken ab, die sie begleiten.

Jiri Skala / Mark Ther benutzen in “Microfiltration“ ein alltägliches und gleichzeitig sehr flüchtiges Medium, um ihre Idee von Erinnerung und Dokumentation zu verwirklichen. Sie sammeln Staub von verschiedenen Orten und präsentieren diesen im Ausstellungskontext. Diese subtile Art der Spurensicherung fasst die Vergangenheit in etwas Greifbares, was zwar materiell erkennbar aber nicht mehr interpretierbar ist. Die Vorstellung dessen, wovon der Staub zeugt muss zwangsläufig abstrakt bleiben.

In “Kollaborationen mit Unbekannten 2005″ interveniert Ella Ziegler in das alltägliche Leben und findet durch eingehende Beobachtung ein spezielles Abbild ihrer Umgebung. Das Geschehene und Erlebte wird durch Abbildungen und Aktionsbeschreibungen dokumentiert. Thema ist die urbane Alltagskultur, deren Bedeutung und der Umgang mit ihr. Sie machen das Bekannte zum Unbekannten.

Gesamtprogramm des Kooperationsprojekts

Ausstellung im Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel
19. März – 1. Mai 2005

Mit Azorro (PL), Zbynek Baladrán (CZ), Ursula Biemann / Angela Sanders (CH), Big Hope (H, UK, D), Mircea Cantor (RO/F), Jens Haaning (DK/D), Johanna Kandl (A/D), Joachim Köster (DK/USA), Dorit Margreiter (A), Boris Ondreicka (SK), Kirsten Pieroth (D), Oliver Ressler / Dario Azzellini (A), Hinrich Sachs (D/CH), Jirí Skála (CZ), Olivier Zabat (F)

Round-table im Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel
6. April, 18 h

Das Bedürfnis der zeitgenössischen Kunst nach dem Dokumentarischen
Round-table mit Georg Schöllhammer (A), Claudia Spinelli (CH), Bettina Steinbrügge (D), Jan Verwört (D), Sabine Schaschl-Cooper (A/CH)
www.kunsthausbaselland.ch

Round-table bei Halle für Kunst eV, Lüneburg
23. April, 19.30 h

The Need to Document – A Historical Topic?
Round-table mit Christoph Behnke (D), Dora Hegyi (H), Sabine Schaschl-Cooper (A/CH), Bettina Steinbrügge (D)
www.halle-für-kunst.de

Round-table bei tranzit, Prag
27. Mai, 15 h

Is there a Documentary Attitude?
Round-table mit Sören Grammel (D), Raimundas Malasauskas (LT), Dorit Margreiter (A), Sabine Schaschl-Cooper (A/CH), Bettina Steinbrügge (D), Vit Havránek (CZ)
www.tranzit.org

Buchvorstellung im Kunsthaus Baselland, Muttenz/Basel
15. Juni, 11h

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation (engl./dt.) bei JRP/Ringier in Zürich (CH). Das Buch wird anlässlich der Art Basel im Kunsthaus Baselland vorgestellt.